„Es gibt kaum ein Kind, das keinen Bergmann in der Familie hat.“ Joachim Pente Wie kommt das Thema Bergbau bei Kindern und Jugendlichen an? Pente: Auch wenn die Zeit des Bergbaus in Hamm vor- bei ist, gibt es kaum ein Kind, das keinen Bergmann in der Familie hat. Von daher ist die Verbundenheit auch bei Kindern oft hoch. Ein Mädchen hat mir mal erzählt, dass sie ihrem Opa nach unserem Besuch das Berg- mannslied vorgesungen hat: Ihm standen die Tränen vor Rührung in den Augen. Was ist in Ihren Augen das Besondere am Bergbau, das für kommende Generationen erhalten bleiben muss? Gutsche: Der Spruch ‚bei allen Bergleuten ießt das gleiche Blut in den Adern‘ fasst den Zusammenhalt unter Kumpeln gut zusammen: Die Solidarität unter Tage war einmalig, wir konnten uns immer zu 100 Prozent auf unsere Kumpel verlassen. Das war ja auch notwendig, weil die Arbeit wirklich gefährlich sein konnte. Das er- klärt auch den riesigen Stellenwert der heiligen Barbara, der Schutzpatronin der Bergleute. Das Mädel hat immer auf uns aufgepasst – und deshalb haben wir, wie viele Knappenvereine, auch so viele St.-Barbara-Statuen im Vereinsheim. Es ist in meinen Augen wichtig, diese Werte für nachfolgende Generationen zu bewahren und am Leben zu halten. Der Bergbau ist mit Hamm unlösbar verbunden: durch die Gelände der ehemaligen Zechen, aber auch durch die Menschen und ihre Er- fahrungen. I Joachim Pente: In diesem Zusammenhang ist wichtig zu betonen, dass der Bergbau seit jeher für Sozialverträg- lichkeit und soziale Absicherung eingestanden ist: Die Knappschaft ist das älteste Sozialversicherungssystem in Deutschland, Kranken- und Rentenversicherung sind Konzepte, die als erstes im Bergbau entwickelt worden sind. In diesem Kontext ist auch die unerschütterliche Bereitschaft der Kumpel zu sehen, füreinander einzuste- hen, wenn jemand in Not geraten ist. Wofür setzen sich die Mitglieder Ihres Knappenvereins ein, seit die letzte Fuhre Kohle in Hamm aus der Erde geholt worden ist? Gutsche: Wir halten die Bergbau- Traditionen in Hamm am Leben! Wir kümmern uns um Andenken und Bergbau-Exponate, die in ganz Heessen verteilt sind, zum Beispiel in der Alfred-Fischer-Halle. Dane- ben bestehen Kooperationen mit dem Jugendzentrum Bockelweg und mit der Martin-Luther-Schule, mit denen wir schon viele Projekte umgesetzt haben. Mit der Mar- tin-Luther-Schule haben wir einen Geschichtspfad auf der Zeche Sachsen installiert: 18 Schautafeln informieren über die Bergbaugeschichte in Heessen. Mit dem Jugend- zentrum haben wir die „Zeche Bockelberg“ eingerichtet und den Jugendlichen alte Werkzeuge und Ausrüstung mitgebracht und erklärt. Pente: Wir gehen auch darüber hinaus in Kitas, Schulen oder Seniorenheime und erzählen aus unserem Erfah- rungs- und Anekdotenschatz als Bergleute. Daneben unterhalten wir einen Geschichtskreis, in dem Bergbau- geschichten gesammelt und archiviert werden. Daraus entstehen dann zum Beispiel Bücher, in denen wir ver- suchen, das Leben im Bergbau anschaulich festzuhalten. „Die heilige Barbara hat einen riesigen Stellenwert. Das Mädel hat immer auf uns aufgepasst.“ Rolf-Peter Gutsche 30