dem Städtischen Musikverein zu sin- gen. „Mich hat der Reger gereizt, weil er so ungewöhnlich ist. Und natürlich finde ich es toll, dass der Chor mit Profiorchestern wie der Nordwest- deutschen Philharmonie zusammenar- beitet. Die Konzerte waren schon ein echtes Erlebnis.“ Musik in allen Facette bringt Chor- leiterin Brigitte Kockelke ihren vier Chören seit 25 Jahren nahe: Jazz in „Out of tune“, Barbershop in „A Barrel of Fun“, bunt Gemischtes ihrem Män- ner- und ihrem Frauenchor. Brigitte Kockelke ist selbst ihr bestes Beispiel dafür, dass gerade die Mischung Spaß macht. „Ich finde das Ännchen von Tharau zum Schmelzen schön, wenn es mit Ausdruck und gut gesungen wird“, sagt die Musiklehrerin, die schon am Märkischen Gymnasium Hamms erste Big Band und den ersten Jazz- Chor aufbaute. Dass ihre Universal-Begeisterung nur noch wenigen zu vermitteln ist, weiß die Chorleiterin: „Immer mehr Spezial- ensembles gründen sich, die nur noch Jazz oder Barbershop, nur Geistliches oder nur Bruckner machen. Das ist der Trend. Dabei lernt man so viele faszi- nierende Werke beim Singen erst rich- tig schätzen,“ bedauert sie die Ent- wicklung. Opfer des Trends sind ihrer Einschätzung nach die reinen Männer- und Frauenchöre, die es in zehn Jah- ren nicht mehr geben werde. 2333 Sänger in 26 Chören führt der Sängerkreis Hamm in seiner Statistik, dazu kommen noch einmal so viele Sänger, die im Umfeld der Kirchen und Musikschulen sowie in freien Chor- ensembles singen. Immerhin vier Pro- zent der Gesamtbevölkerung sind danach Mitglied in einem Chor. Diese Zahlen sind seit vielen Jahren stabil, von der viel beschworenen Krise des Chorsingens ist also wenig zu spüren. Hanna Gärtner und ihre Freundin Marie als die jüngsten Sängerinnen beim Max-Reger-Projekt widerlegen die Erfahrung von Markus Wolfslau, Vorstandsmitglied des Sängerkreises Hamm, nach der die Chorszene sich nach Altersgruppen aufgliedert: „Die Chorsänger fühlen sich am wohlsten unter Gleichaltrigen. Das hat natürlich gravierende Nachteile für die stimmli- che Zusammensetzung der Chöre.“ Der Chor des Städtischen Musik- Hammer Chorszene mit großer Bandbreite: Der Kinderchor der Musikschule und der Jazzchor „Out of Tune“. Fotos: Rüsche/Feußner vereins umfasst Mitglieder von 17 bis über 70 Jahren. Hanna Gärtner erklärt, warum sie sich trotz des großen Alters- unterschiedes zu ihren Mitsängern wohl fühlt: „Die Musik steht im Vorder- grund, das finde ich gut. Alle verstehen sich gut, aber legen nicht so viel Wert auf gemeinsame Ausflüge.“ Singen liegt also im Trend, auch in Hamm, aber die Chorszene wandelt sich. „War früher der Chor eine soziale Institution, der man genau wie dem Schützenverein angehörte, spielt das heute keine Rolle mehr. Immer weniger werden die reinen Männerchöre, was ich bedauere, weil damit viele Werke der Chorliteratur gar nicht mehr aufge- führt werden können“, beschreibt Markus Wolfslau den Umbruch. Eigentlich bleibt der moderne Chor- sänger sogar am liebsten ganz unge- bunden, was die große Resonanz auf Konzertprojekte wie die Nibelungen oder das Prinzen-Konzert beweist. „Immer häufiger wollen Sänger nur ein bestimmtes Werk mitsingen, an einem Konzert teilnehmen, ohne sich als Ver- einsmitglied festzulegen”, berichtet Barbara Kruse, Vorsitzende des Städt- ischen Musikvereins. Doch das hat Nachteile, die Werner Granz be- schreibt: „Wenn Sänger immer wieder neu zusammenkommen, müssen sie sich erst aufeinander einstellen, das kostet sehr viel Zeit und bringt viel Un- ruhe in unsere Arbeit.“ Und Brigitte Kockelke ergänzt: „Ein Chor klingt bes- ser, wenn die Gemeinschaft stimmt.“ 27