schaftlichen Prozessen schwindenden Ver- trauens, die sich in den letzten anderthalb Jahren durch den Angriffskrieg auf die Ukraine, den Gaza-Krieg und durch die Rhe- torik aggressiv auftretender Parteien ver- schärft haben. Die Ausstellung fragt danach, wie wir wieder ein bisschen wohlwollen- der und kooperativer im Umgang miteinan- der sein können. Die Ausstellungsgestaltung ist ja sehr einzigartig. Ja, das stimmt. Die Szenografie ist an das poetische Werk Ransmayrs angelegt, dessen Handlung in der nordafrikanischen Wüste spielt. Das Buch stammt aus der Zeit, in der sich Umweltbewegungen formierten und bediente damals schon einen Ökotopos. Wir haben heute noch viel mehr wissen- schaftliche Daten, aber uns fällt auf, dass negative Nachrichten über die Erderwär- mung und andere Herausforderungen nicht zum Umdenken führen. Statt die Besuchen- den nur mit den Folgen unseres individuellen ökologischen Handelns zu konfrontieren, wollte ich einen Möglichkeitsraum schaf- fen, in dem gemeinschaftlich über ge- sellschaftliche Veränderungen nachgedacht werden kann. Mir war es dafür wichtig, ein alternatives Setting zu schaffen. Von vorneherein war klar, dass wir in der Um- setzung konsequent sein müssen oder es direkt sein lassen können – mit etwas Tep- pich anstelle von Sand ist nichts getan. Wenn Sie schon über den Sand spre- chen, wie wichtig waren (physischer) Zugang und Barrierefreiheit in den Planungen? Das war sehr wichtig. Die Ausstellung ist eine große Einladung zum sinnlichen Er- leben. Nicht umsonst läuft die Ausstellung im Winter. Wo sonst kann man zu der Jah- reszeit im Sand spielen? Das Strahlen im Titel darf auch ganz real für die strahlenden Gesichter der Kinder stehen, die auf 300 Quadratmeter Fläche im Sand toben dürfen. Alle sind herzlich willkommen, die Ausstel- lung barfuß zu durchlaufen und sich abseits der Pfade durch den Sand zu schlängeln. Für die, die das nicht möchten oder können, weil sie mit dem Rollator und Rollstuhl un- terwegs sind, gibt es einen Steg, der einen klassischen Ausstellungsbesuch ermöglicht. Das klingt nach einer Menge Arbeit. Welche Herausforderungen sind bei der Planung und Ausführung aufgekommen? Es gab verschiedenste Herausforderungen – Thomas Schmäschke angefangen beim Sand, welcher Begrenzun- gen benötigt, damit er sich nicht im ganzen Museum verbreitet, über Durchgänge, Not- ausgänge, das Stegsystem, bis hin zu der ortspezifischen Installation des italienischen Künstlers Giuseppe Licari mit Baumwur- zeln. Das größte Problem war, dass diese an einer Decke angebracht werden mussten, die es gar nicht gab. Dafür brauchte es ganz viel Abstimmung mit dem Statiker. Neben dem optischen Aspekt, darf die Sicherheit natürlich nicht fehlen. Welches Werk war von Anfang an ge- setzt? Eine der ersten Arbeiten, die mir in den Sinn kam, war das gehäkelte Korallenriff von Christine und Margaret Wertheim, beson- ders durch seine Mehrdeutigkeit und sein Facettenreichtum. Einerseits strahlt es etwas Hoffnungsvolles, Frohes und Sinnli- ches aus. Andererseits thematisiert es auch die Herausforderung unserer maritimen Ökosysteme. Die beiden Künstlerinnen, die ihre Projekte weltweit realisieren, stammen aus Australien, das mit dem Sterben des Great Barrier Reefs zu kämpfen hat. Wenige Grad Erwärmung des Wassers können einen erheblichen Schaden anrichten. Das ist nichts Abstraktes, sondern passiert an einem ganz konkreten Ort. Mit welchem Gefühl verlassen die Be- suchenden die Ausstellung? Überwiegt am Ende der Ausstellung Zorn oder Zu- versicht? Unsere Gegenwart ist nicht nur weiß oder schwarz, wie es sich den Menschen häufig in den Nachrichten aufdrängt. In Realität ist sie viel komplexer und widersprüchlicher. Wir versuchen, in der Ausstellung dieses Spektrum an Farbabstufungen nachzu- zeichnen. Trotz der aktuellen Herausforde- rungen möchten wir dafür werben, die Zu- versicht nicht aus den Augen zu verlieren. Alle sind herzlich dazu eingeladen, vorbei- zukommen und sich ihr eigenes Bild zu ma- chen. Die ungewöhnliche Werkschau ist noch bis zum 23. Februar nächsten Jahres im Gustav-Lübcke-Museum zu sehen. In Ko- operation mit der Werkstadt für Demo- kratie und Toleranz in Hamm wird ein umfassendes Vermittlungsprogramm an- geboten.I Behold, Hawaii 2017, David LaChapelle Mehr Informationen unter: www.museum-hamm.de/veranstaltungen. Föhr Satellite Reef, 2012, Christine und Margaret Wertheim 21