Wohnen und Bauen in Hamm Die Zukunft der Stadt ist heute „Wer jetzt schnell reagiert“, weiß Stadtbaurätin Rita Schulze Böing, „der schafft sich den entschei- denden Wettbewerbsvorteil gegenüber den Nachbarstädten“. Warum Hamm schneller sein muss als die anderen, um im Rennen um Einwohner bestehen zu können? Die Konkurrenz schläft nicht. Der Wettstreit der Städte um Einwohner wird härter, weil dem Ruhrgebiet die Menschen ausgehen. Was sich wie eine wissenschaftliche Arbeit liest, ist die wahrscheinlich wich- tigste Aufgabe der Verwaltung: Das Handlungskonzept „Wohnen Hamm 2015“, das in diesem Sommer mit Fach- leuten von Verwaltung, Wohnungswirt- schaft, Politik und Banken diskutiert worden ist, weist den Weg in die Zu- kunft der Stadt Hamm. „Eine zukunftso- rientierte Stadtentwicklungspolitik kann“, so die Stadtbaurätin, „nur mit den vor Ort handelnden Akteuren ge- Hamm arbeitet man schon jetzt an Strategien für die Wege aus dieser Krise. Das Handlungskonzept Wohnen ist entscheidend dafür. „Wir wollen vor allem genau wissen, was das für unsere Stadt bedeutet, wenn sich die Demographie so ein- schneidend verändert“, beschreibt Stadtbaurätin Schulze Böing die Aus- gangslage. Und: „Wir bauen schon jetzt an der Zukunft.“ Wichtigste Maß- nahme dieses Projektes ist, den Flä- Neues Zuhause im Baugebiet „Grüne Mark“: Elena Schmitz mit Eric und Nico. meinsam entwickelt werden.“ Daher hätten sich Rat und Verwaltung ent- schlossen, von Beginn an mit den Ex- perten des Wohnungsmarktes intensiv zusammenzuarbeiten, um Hamm im Vergleich mit den anderen Städten erfolgreich positionieren zu können. Hamm ist wie alle Städte des Ruhr- gebiets von der demographischen Ver- änderung der Gesellschaft betroffen. Das heißt vor allem: Weniger Kinder und mehr lebensältere Mitbürger. In chennutzungsplan für Hamm völlig neu aufzustellen. „Mit diesem Plan arbeiten wir hier jetzt seit 1979 und seitdem wurde er genau 200-mal geändert. Es wird höchste Zeit, die Pläne komplett zu überarbeiten“, sagt die Baurätin. Tatsächlich schrumpft Hamm weni- ger dramatischer, als man das be- fürchtet hat. „Unter günstigen Bedin- gungen kann sogar damit gerechnet werden, dass die Einwohnerzahl auf dem heutigen Niveau stagniert“, pro- 8 gnostiziert Martin Schauerte, Ge- schäftsführer des von der Stadt Hamm beauftragten „Instituts für Wohnungs- wesen, Immobilienwirtschaft, Stadt- und Regionalentwicklung“. Die neueste Bevölkerungsstatistik beinhaltet aber trotzdem deutliche Zahlen. Es werden weniger Kinder ge- boren, als alte Menschen sterben. Es wird mehr Senioren- und Singlehaus- halte geben, die Familien werden we- niger und kleiner. Und: Es ziehen mehr Menschen aus der Stadt als dorthin. Zuzug sei quasi die einzige Chance, zu wachsen oder mindestens die Größe der Einwohnerschaft zu halten. „Allein das ist für alle anderen Städte des Ruhrgebietes nahezu unmöglich“, weiß Rita Schulze Böing von den Kol- legen aus Dortmund, Essen, Bochum oder Gelsenkirchen. Einer der Haupt- gründe für die Abwanderung und vor allem für immer mehr Familien mit nur einem oder keinem Kind: Unsichere Perspektiven für die Zukunft, weniger Jobs und Sorge vor den nächsten Jahren. „Niemand zieht hierher, wenn es keine Arbeit gibt“, skizziert Schulze Böing das Dilemma. Da könne man die schönsten Wohngebiete planen, wenn es keine Jobs gebe, die Pers- pektiven eröffnen und auf eine gesi- cherte Zukunft hoffen ließen. Und dennoch sind in Zeiten gna- denloser Konkurrenz nicht nur zwi- schen Ländern, sondern auch zwi- schen Kommunen, auch andere Krite- rien entscheidend. „Weiche Standort- faktoren sind wichtig“, erläutert Schul- ze Böing. Der Lippesee sei ein solcher und vieles andere: „Wer sich für eine Stadt als Wohnstandort entscheidet, will auch wissen, wie gut man hier ein- kaufen, die Freizeit gestalten und Kultur erleben kann.“ Auch die weni- gen Unternehmen, die neue Standorte gründen, achteten bei der Entschei-