HAMMAGAZI N XXIX. Fortsetzung schweigend In seinen Verhältnissen än- derte sich nichts. Der widerwär- tige Diener kam jeden Morgen, um seinen Pflichten zu genügen, aber Si- gurds Wunde blieb schmerz- haft und böse. Ein Jahr mochte vergangen sein, als Harlin eines Tages in Sigurds Kammer ein- trat. Er schien selbst vor den ab- gemagerten und herhärmten Gestalt seines Gegners zu er- schrecken. Aber erfaßte sich bald und sagte in teilnahms- losen Tone: „So geht's in der Welt! Ihr scheint mich mit Ab- scheu zu betrachten, aber ein jeder muß seinen Vorteil so gut wahrnehmen, als er es vermag. Ich hoffe das Wild, welches ich mir gefangen habe, einmal gegen ein schönes Lösegeld zu verkaufen. Jetzt ruht die Fehde, aber sie bricht unverhofft wieder los, und da wäre es doch eine Torheit, wenn ich ein wert- volles Pfand vorher aus der Hand gegeben hätte!" „Ihr seid ein entsetzlicher Mensch", brauste Sigurd auf. „Ihr habt bei uns in der Mark Milde genossen und Vergebung erlangt, und ihr vergeltet Gutes mit Bösem. Ein Fluch komme über euch, der euch bis ins Mark treffe!" „Stille, mein Freund", entgegnete Harlin, „ihr befindet euch in meiner Gewalt. Mein Wille führt euren sofortigen Tod herbei, deshalb redet in einem anden Tone mit mir. Ich bin nicht so grausam, als ich scheine. Ich verfolge nur mein Interesse, und dazu habe ich ein Recht. Aber ich will euch ein wenig mehr Freiheit gewähren, wenn ihr mir schwört, keinen Flucht- versuch zu unternehmen. Ihr könnet alsdann das Gärtchen betreten, das innerhalb der Burg liegt und sich vor euren Fenstern ausbreitet. Ich habe bisher noch keine Veranlas- Der treue Bote von Ortmennemar. fine Crzablung aus alten Tagen Der Burg Mark 6 corg Wiii,xim Pogo. O 1 = eat er sl oA. • • • ( 1.0.04 ra• 1. 00. • • • • • • sung gehabt, einem märki- schen Schwure zu mißtrauen, und so will ich auch dem eu- rigen Glauben schenken. Wenn ihr nach mir schickt, werde ich mich wieder bei euch einfinden. Überlegt euch die Sache!" Damit ging er, Sigurd seinen Gedanken überlassend. Dieser fühlte ein heftiges Ver- langen nach frischer Luft. Ein Jahr in dumpfer Gefangen- schaft verbracht, reicht hin, um auch das sprödeste Harz nach- giebig zu stimmen. Am anden Morgen bat er um eine weitere Unterredung, und Harlin fand sich schon nach kurzer Zeit ein. „Ich werde euch schwören, nicht zu entfliehen", begann Si- gurd, „es sei denn, daß mir die Meinen die Tore eurer Burg öffnen!" „Ich bin damit zu- frieden", antwortete Harlin, und Sigurd erhob seine rechte Hand und leistete ihm unter Gottes Anrufung den angebotenen Eid. — Auf Stock und Krücke ge- stützt, verließ nun der Kranke sein Zimmer und betrat den Garten. Ein unbeschreibliches Wonnegefühl durchrieselte seinen Körper, als er zum er- sten Male wieder die wohltu- ende Wärme der Sommer- strahlen empfand. „Wie gut hätte ich es zu Hause haben können, wenn nicht der Drang nach Abenteuern und die eitle Ehrsucht mich in dieses Elend gestürzt hätten!" So dachte er, und klagte sich selbst bitter an. „Wie konnte ich mein gutes Weib und meine geliebten Kinder so leichten Herzens ver- lassen, um eingebildeten Er- folgen nachzujagen! 0 Gott, vergib mir meinen Unverstand, und bring mich wieder heim! Laß mich noch einmal die An- gesichter meiner Lieben sehen, ich werde dir ewig dafür danken!" In dieser Weise folgten sich noch häufig lange Klage und Gebet, und immer wieder schaute Sigurd sehn- süchtig zu den lichten Wolken auf, die ihm der Heimat zuzu- eilen schienen. Er trug ihnen seine heißesten Grüße auf und eilte im Geiste mit ihnen über Berg und Tal, bis fern am Hori- zonte die Zinnen der Marker Burg auftauchten und die stolzen Eichen des geliebten Heidehofes sichtbar wurden. Die frische Luft hatte ihn er- müdet, und er versank in Träu- merei. Es war ihm, als befände er sich auf einer langen Reise, von welcher er den ersten Teil bereits zurückgelegt habe. Die größere Strecke, deren Ende sich in grauer Ferne verlor, lag noch vor ihm. Doch plötzlich enthüllte sich das ersehnte, bisher mit dichten Nebel- schleiern verdeckte Ziel in holder Schöne, und bei dem Anblick durchflutete ihn eine Seligkeit, welche ihn erwachen ließ. Gestärkt kehrte in seine Kammer zurück. Es war ihm jetzt sicher, daß der Tag seiner Rückkehr einmal anbrechen werde. Aber es sollte noch lange währen Harlin blieb unemp- findlich gegen alle Bitten um seine Freilassung. Fortsetzung folgt Weltermanns Buch-Tip • Das Lexikon der Vorurteile • Das neue Sudel-Lexikon • Lexikon der Niederlagen Eichhorn-Verlag, jeder Band DM 16,80 Seit gut zwei Jahren existiert der „Verlag mit der Fliege". Ein „aufmüpfi- ger" Verlag, dieser „Eichhorn-Verlag". Ein Verlag also, der sich freiwillig zwischen mehrere Stühle setzt. Er selbst sagt von sich: Den Grünen nicht grün, den Linken nicht links ge- nug. den Konservativen zu spontan, den Intellektuellen nicht intellektuell genug. Das Programm eines solchen Verlages sollte man kennen lernen. Aus der Fülle der Titel hier einige Bei- spiele: v. Ackeren „Die flambierte Frau" oder „Raub und Mord" (Bandi- ten und Sozialrebellen in Leben, Le- genden und Film) oder Erzählungen aus der Karibik: „Die Nacht, in der die Hütten leer blieben". Zwei Bucher zum Thema Abrüstung: „Wege zur Abrüstung" von Karsten Voigt und Brzoska /Guha /Wellmann „Das Ge- schäft mit dem Tod". Drei „Anti-Lexi- ka", die in ihrer Hintergründigkeit durchaus als bös-fröhliche „Ergän- zungen" zum Guinnes-Buch der Re- korde gesehen werden können, stel- len sich zum Vergleich: Das „Lexikon der Niederlagen" ist ei- ne fur alle Freunde der Häme gedach- te Sammlung verpaßter Chancen, be- ruflicher Blamagen, politischer Plei- ten, Niederlagen aus Wissenschaft und Technik und bürokratischer Bie- stereien. Während hier also menschli- ches Scheitern versammelt ist, ist das ..Sudel-Lexikon" ein richtiges Lexi- kon von A-Z. Gewissen = Gesin- nungsluxus, Börse = Balzplatz der Profitgeier u.ä., eine fröhliche Gesell- schaftskritik, ein bißchen Nestbe- schmutzung. Der Autor Gerd Woll- schon gründete 1966 das Kabarett „Floh de Cologne". Stephan Knorr und Rainer Witt haben das _Lexikon der Vorurteile" zusammengetragen. Fast alle Menschen haben Vorurteile. viele sind nicht frei von Aggression und Verallgemeinerungen. Wie wohl- tuend ist es, im Alltag mal so richtig vom Leder zu ziehen. Ein Buch, das auf vergnügliche Art nachdenklich macht. Buchhandlung CVME E UE LMLUM Gustav-Heinemann-Str. 18-22 4700 Hamm 1, Tel. 260 90 • • • Heizung Elekt ro Sanit är 1 3 4 2 8 0 8 5 RI NSCHE HAUSTECHNIK 14 EINRICHTUNGSHAUS LI T BLI TZ KG 4700 Hamm, Bahnhofstr. 14-16 Postfach 264 Tel. (02381) 21086/21087 MÖBEL ORIENTTEPPICHE TEPPICHE DEKORATIONEN KUNSTGEWERBE a AS/0 FMAND MCSEL E lwas gesendetes in weriveller, massive, E iche Hamm-Süden, Telefon 504 86, Fritz-Reuter-Straße 4