oftrsie+ ). am zyxwvutsrqponmlkjihgfedcbaZYXWVUTSRQPONMLKJIHGFEDCBA DI M . M oe n • Der treue Bote lion Oftwennemar. lne erablung aus alten Tagen bar Burg Mark 0011 Georg Wiiheim Dogei. I = 0 = I t 19011. s III. Fortsetzung Sie bemerkte nur, daß ihr der Rat des Kaplans der Prüfung wert erscheine. Sie habe kürz- lich auch mit ihm über densel- ben Gegenstand gesprochen, und seine Ansicht sei in den Worten zum Ausdruck gekom- men, daß das Ruhen der Seele in Gott gelernt sein solle. Er setze ein Verlangen nach Gott voraus, und dieses Verlangen müsse die Seele antreiben, sich mit Gott und seinem Wesen zu beschäftigen. Wie eine Kunst oder ein Handwerk nicht an einem Tage erlernt werden könne, der Mensch hierzu viel- mehr ganzer Jahre bedürfe, so verlange der Verkehr mit Gott und das Eindringen in ihn auch eine Schulung, und wer sich dieser nicht unterwerfe, erlange nimmer sein Ziel. — Die beiden hätten ihre Unterhaltung viel- leicht noch gern weiter fortge- setzt, aber ein scharfes Signal von der Burg mahnte plötzlich zum Aufbruch. Es folgte ein flüchtiges Abschiedsnehmen, und schon nach einer Stunde saßen der Graf und seine Begleiter wieder im Sattel. Wohin der Weg ging, wurde nicht bekannt gegeben. Anna sah von Ursulas Zimmer aus den Scheidenden nach, und als die Reiter die Richtung nach Hamm einschlugen, eilte sie die wohlbekannten Treppen und Stiege zum Burgfried hinan, von dessen Zinnen sie die Schar so lange mit den Augen verfolgen konnte, bis sich die Tore der Festung hinter ihr schlossen. Still war es wieder in Burg und Dorf, aber nicht in Annas Herzen. Daß es die Liebe zu Si- gurd sei, welche die Unruhe darin anstiftete, wagte sie nicht zu bekennen. Aber sie sann Ober jedes Wort nach, was er zu ihr gesagt hatte. Einen Eichen- kranz nähme er am liebsten aus ihrer Hand! Weshalb gerade aus ihrer? Gab es nicht viele andere Damen und Mädchen, die höher standen als sie, und war es nicht ehrenvoller, aus deren Hand einen Kranz entge- genzunehmen? Hatte er nicht von Heimweh nach dem Licht- berge gesprochen? So jagte eine Frage die andere, und seufzend dachte Anna an eine Ruhe in Gott. Aber die, welche soeben noch so verständnisin- nig die Leh ren des Kaplans wie- dergegeben hatte, schien selbst am wenigsten auf dem Wege zur Ruhe Bescheid zu wissen. Im Hause war sie still, tat ihre Arbeit mechanisch, aber ihr verändertes Benehmen schientiem Vater nichtaufzufal- len, um so mehr nicht, als er ganz andere Pläne mit seiner Tochter verfolgte, die ihn voll- ständig gefangen nahmen, und durch deren Ausführung er im Geiste die glücklichen Zeiten für sich und seine Tochter her- annahen sah. Der Lichtberger besaß einen treuen Jugendfreund in dem in der Bauerschaft Rünthe ansäs- sigen Landwirte Fredenburg. Rünthe liegt in der Nähe der Stadt Werne und zwar am lin- ken Lippeufer, während Werne mit seinem Franziskanerkloster und seiner Pfarrkirche von einem am nördlichen Ufer des Flusses gelegenen, mäßig hohen Hügel weit in die Lande schaut. Zwischen beiden Ort- schaften dehnte sich das Lippe- tal aus. Gleich wie von den hohen Zinnen des Schlosses Mark sah auch hier das Auge fast nur Weideland, welches im Winter von den Fluten der Lippe überschwemmt und, von die- sen alljährlich genährt, regel- mäßig die reichsten Erträge brachte. Im übrigen war die Rünther Gegend sandig, und der dürre Boden gab seinen Bewohnern die zum Leben not- wendigen Produkte nur wider- willig her. Aber der Fre- denburger lebte glücklich. Zwei blühende Söhne, Willibald und Eberhard, erhellten seinen Blick in die Zukunft. Der strah- lende Stern des Hauses war jedoch sein geliebtes Weib. Er hatte lange um sie geworben, und sie war ihm nur ungern in seine Sandwüste gefolgt. Aber auf den Wunsch ihrer Eltern hatte sie die Heimat verlassen, um dem fremden Manne anzu- gehören, den sie nur wenig kannte. Lange lebten die Ehe- leute miteinander, ohne sich recht zu verstehen, aber aus einer gegenseitigen Hochach- tung erwuchs nach und nach eine innige Liebe, die sie beide dauernd beglückte. Der Licht- berger fühlte sich wohl im Kreise dieser Leute, und es wurde sein Herzenswunsch, den Willibald als Schwieger- sohn in sein Haus aufnehmen zu dürfen. Die Familien besuch- ten sich häufig, und wenn der Lichtberger mit seinen von Gottjohann gelenkten Gefähr nach Rünthe aufbrach, erhielt Kaplan Paulus jedesmal eine Einladung, sich an dem Ausflu- ge zu beteiligen. Für Paulus hatte die Fahrt wegen des nahe gelegenen Werner Franziska- nerklosters einen besonderen Reiz. Er fand dort Münster'sche Studiengenossen, und da er sich in seiner Gemeinde auf geistigem Gebiete nur im Rei- che der Ausgaben bewegte, hatte er hier Gelegenheit, die notwendigen Einnahmen zu machen und so das Gleichge- wicht zwischen Geben und Neh- men wiederherzustellen. Der Lichtberger hütete sich im Bewußtsein des selbststän- digen Sinnes seiner Tochter, seine Pläne vorzeitig zu verra- ten. Auch dachte er, die Sache mache sich vielleicht von selbst. Aber so oft er auch im Kreise der Seinen in Rünthe erschien, so kam er doch kei- nen Schritt weiter. Die Angele- genheit beschäftigte ihn mehr, als ihm lieb war, und als ihn der Kaplan eines Tages, es war an einem Sonntagnachmittage, besuchte, beschloß er, diesen in seine Pläne einzuweihen. Die beiden Männer gingen im Gar- ten auf und ab und kamen jedesmal an einer Laube vor- Ober, in welcher Gottjohann mit Lesen beschäftigt war. Keiner von beiden hatte ihn bemerkt, und sie redeten deshalb unge- niert und laut. So kam es, daß Gottjohann hörte, wie sein Herr vom Heiraten sprach. Er sagte, ohne dabei zunächst auf Anna hinzudeuten: „Eines Bauern Tochter muß wiedereinen Land- wirte zum Manne haben und bei dessen Auswahl dem Rate ihrer Eltern folgen. Kinder sind uner- fahren, urteilen nach der ver- gänglichen Larve und halten äußeren Schein für Wirklichkeit und wahrhaftes Wesen. Wer ein ruhiges, seßhaftes und arbeit- sames Leben gewohnt ist, muß in einem solchen zu bleiben suchen. Woher kommen die vielen unglücklichen Ehen, die wir gerade in unserem Dorfe haben! Ich liebe und verehre unsern Grafen, aber durch seine zahlreichen Kriege bringt er viele Leute hierher, die den märkischen Mädchen den Kopf verdrehen. Dann kommen Hei- raten zustande, die besser unterblieben wären. Der Mann geht nach einigen Wochen ins Feld und kehrt oft erst nach Jahren zu seiner Frau zurück. Wenn dann beide sich treu geblieben sind, mag's noch angehen, aber meistens sind sie das nicht, und Kummer und Elend stellen sich als unaus- bleibliche Folgen an. Ich möchte laut aufschreien bei dem Gedanken, meine Anna würde die Frau eines Kriegs- mannes, der nirgends zu Hause ist, auch nicht, wenn er sich mal wirklich einige Tage in seinem Heim befindet. Lieber Herr Kaplan! Meine Tochter ist ver- nünftig und folgsam, und sie wird mir einen solchen Kummer nicht bereiten, aber das sage ich euch, ehe ich sie einem hei- matlosen Menschen gäbe, würde ich sie eher meinem treuen Knechte Gottjohann anvertrauen." Der Kaplan hatte dieser Rede zugehört, ohne sie zu unterbrechen, und er ging eine Zeitlang schweigend dem Lichtberger her, den die Sache sichtlich aufregte, und der sich den Schweiß von der Stirne wischte. Endlich sagte Paulus: „Ihr habt in den meisten Punk- ten recht, lieber Lichtberger. Ein Kind wohlmeinend vor einer Heirat zu warnen, ist erlaubt und unter Umständen sogar Pflicht, aber dem Kinde ungefragt eine eheliche Verbin- dung aufzuzwingen, ist sünd- haft und deshalb verwerflich." „Nun, so weit sind wir ja auch noch i nicht," erwiderte Licht- berg und verließ mit dem Kaplan den Garten. Gottjohann hatte seinen Ohren nicht getraut, als er ver- nahm, welches Vertrauen sein Herr in ihn setzte. Er sollte die Hand unter gewissen Verhält- nissen nach Anna ausstrecken dürfen, einem Mädchen, das er schon seit Jahren wie ein höhe- res Wesen verehrte? Das war zuviel für die gute Seele. (Fortsetzung folgt) 13