JULI 1987 nannte Spieloper gilt, sollte man das Werk nur einfach einmal von einer anderen Seite sehen: ein Russe, der Inkognito-Zar Michae- low, möchte als vermeintlicher Zimmermann an Schiffsbaupläne (lies: Konstruktionszeichnungen, vielleicht für U-Boote) herankom- men, ein hoher Kommunalpoliti- ker wird aufs Kreuz gelegt und bla- miert sich usw. usw., alles also ganz aktuell auch in Hamm und anderswo. Daß etliche Diploma- ten im Stuck auftreten, verleiht der Oper ein besonderes, fast fern- sehkrimigerechtes Flair. Der berühmte Holzschuhtanz ist allerdings nur ein typisches Genrestück und wie der Walzer aus dem „Freischütz" die einzige quasi folkloristische Andeutung des Schauplatzes in der Partitur. - Die beiden berühmtesten Arien der Oper sind zum einen das Auf- trittslied des Bürgermeisters van Bett, der den Mund ziemlich voll nimmt: „Man glaubt mir's, daß ich nie mich trüge, gleich über jedes Crimen siege, o, ich bin klug und weise". Zu den wichtigsten kom- munalpolitischen Aktivitäten ge- hörte übrigens auch schon 1698, wenn man dem Textbuch, es stammt von Lortzing selbst, glau- ben darf, „führen, schmieren, rati- fizieren". Zum anderen ist es das galante „Lied mit Chor" des fran- zösischen Gesandten Marquis de Chateauneuf „Lebe wohl, mein flandrisch Mädchen", mit dem die- ser seinem adligen Stand, der „grande nation" und der diplomati- schen Etikette gleichermaßen alle Ehre macht. In seiner Arie „Sonst spielt ich mit Zepter, mit Krone und Stern" träumt - wie Max im „Freischütz" - der russische Zar/ Zimmermann Peter von unbe- schwerteren Tagen: „0 selig, o selig, ein Kind noch zu sein!" Wie es ihm nach dem Finale der Oper weitergehen wird, erfahren wir nicht, Max bekommt ja seine Agathe, der Zar aber erkennt - da ist er wieder ganz Staatsmann „So setzt man dem Kaiser ein Denkmal von Stein, ein Denkmal im Herzen erwirbt er sich kaum, denn irdische Größe erlischt wie ein Traum." Wie der Zar bei Lortzing, so ist auch der Gastgeber des großen Balles im zweiten Akt der „Fleder- maus" ein Russe: der reiche Furst Orlofsky, der sich - wie bekannt - gern Gäste einlädt. Er versichert seinen Zuhörern, daß er sich mei- stens dabei langweile, wenn sich aber dagegen einer der Gäste langweilt, so packt er ihn „ganz ungeniert" und wirft ihn hinaus. Die „Fledermaus", sozusagen die Operette der Operetten, spielt na- türlich in Wien, wo sie auch 1874 zum ersten Mal aufgeführt wurde. Auch sie ist ein Gegenwartsstück, in dem es gar nicht so sehr mora- Musikfeste gehoren zur Hammer Kulturtradition aus dem 19. Jahrhun- dert. Diese Abbildung erinnert an das Sängerfest der Vereinigten Män- nergesangvereine von Camen, Dinker, Dortmund, Hamm, Königsborn, Soest, Unna und Werl am 13. September 1857 in Hamm. Fisch zugeht. Aber fast hundert Jahre nach dem „Figaro" nahm man es auch in Wien nicht mehr so genau mit der Moral, und das Werk setzte sich ohne Bedenken durch. - Dabei spielte die Ge- schichte eigentlich gar nicht in Wien, denn als Vorlage diente ein Pariser Boulevardstück, dem wie- derum ein durch und durch deut- sches Lustspiel, „Das Gefängnis" von Bendix, zugrunde lag. Aber, wenn es heißt: „Stoßt an, stoßt an und huldigt im Vereine dem König aller Weine", dem Champagner, dann ist es eigentlich egal, wann und wo das geschieht, denn diese Majestät wird jenseits von be- stimmtem Raum und genauer Zeit „anerkannt rings im Land" im schwungvollen Sog der Musik von Johann Strauß, also auch ohne Bühne und Kostüm in einem Kon- zert. Auszug aus über 200, unt er di e Si e Ihr en Wi l hel m set zen k önnen: Fiat Regata Super, 9/85, 18 000 km I. K. 9 750,- Opel Kadett-D, 4/82, 68 000 km i. K. 6 950,- VW Passat CL, 3/83, 75 000 km i. K. 8990,- Audi 100, 1/86, 23 000 km i. 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Die erste Szene dieser auf den ersten Blick romantischsten aller deutschen Opern spielt in einer Schenke, man tanzt einen Walzer, die Musik verliert sich langsam im Hintergrund, und der Tanz leitet unmerklich in ein hochdramati- sches, spannungsgeladenes Re- zitativ des Jägerburschen Max Ober. Max hat Angst, daß er am folgenden Tag beim Probeschuß versagt. Dieser soli nämlich dar- Ober entscheiden, ob er die fürstli- che Erbförsterstochter Agathe heiraten darf und somit auch künf- tiger Erbförster werden kann. In der folgenden Arie träumt er von den alten Zeiten - „Durch die Wäl- der, durch die Auen, zog' ich leich- ten Sinns dahin" als er noch keine Angst kannte. Jetzt fühlt er sich von „finstren Mächten" um- garnt, denn sein älterer Kamerad Kaspar hat ihm geraten, um Mit- ternacht in der Wolfsschlucht so- genannte Freikugeln zu gießen, mit denen er sicher träfe; Max fragt anklagend: „Herrscht blind das Schicksal? Lebt kein Gott?". schließlich Ähnlich tiefsinnig und dies mit einem auch damals nur auf der Opernbühne gestalteten Pathos sieht seine Braut Agathe der Hochzeit und dem Probeschuß entgegen - nur mit mehr Zuver- sicht. Vor dem Hausaltar in ihrem Zimmer singt sie: „Und ob die Wol- ke sie verhülle, die Sonne bleibt am Himmelszelt; es waltet dort ein heil'ger Wille, nicht blindem Zufall dient die Welt!". Ihr Optimismus, ihr naiver Glaube werden schließ- lich auch vom Schicksal belohnt, sind die Antwort auf Max' Zweifel. - Der letzte Akt der Oper wird mit dem berühmten Jägerchor eröff- net, der neben dem Volkslied vom Jungfernkranz die sicherlich po- pulärste Musiknummer aus dem „Freischütz" ist, nicht zuletzt we- gen seines eingängigen Refrains: Jo Ho! Tralala, tralala Die nächste Oper führt uns et- wa fünfzig Jahre weiter an die Schwelle des 18. Jahrhunderts und an die Holländische Küste. Wenn Lortzings „Zar und Zimmer- mann", achtzehn Jahre nach dem „Freischütz" ebenfalls in Berlin ur- aufgeführt, uns heute als eine hei- tere - will sagen - harmlose, soge-