HAMV1AGAZIN XV. Fortsetzung Anna verstand diese Worte, blickte dankbar in das liebliche Gesicht und erwiderte: „Ich muß dich verlassen, so wehe es mir tut, aber erlaube mir, dich dennoch für alle Zeit „Mutter" zu nennen." Am Morgen war natürlich im Hause große Aufregung. Die Erkrankung Annas gab indes- sen einen erwünschten Grund zur Aufhebung der Hochzeit. Die zahlreichen Verwandten wurden auf die Unmöglichkeit hingewiesen, das Fest heute zu feiern, und sie verließen einer nach dem anderen die sonst so gastliche Stätte. Wir kehren jetzt wieder auf den Lichtberg zurück. Der Ka- plan war nach der Verabschie- dung von Gottjohann wieder zum kranken Bauern hinaufge- eilt, um ihm mitzuteilen, daß je- ner es versuchen wolle, die Nachricht von der Lösung des Fluches rechtzeitig nach Rünt- he zu bringen und er dabei sei- nen Weg, weil Hamm die Tore geschlossen habe, Ober das Eis nehme. „Das ist ein gefährli- ches Unternehmen," hatte der Alte geantwortet, aber hinzuge- setzt: „Der Gottjohann kann mehr, wie andere Leute, er wird's schon fertig bringen." Darauf schwieg er lange Zeit und schien zu beten und inner- Der treue Bote von Oftwennemar. fine erzablung aus alten Tagen Der Burg Mark qorg Wiiiiqim Dope!. = 000111.01 Dr. mo Ow. (• • • • • IOW • lich heftig zu ringen. Endlich wandte er sich wieder an den Kaplan und sagte: „Mir ahnt es, daß Anna nicht getraut wird und wiederkommt, wie sie mich verlassen hat, aber ihr steht jetzt ein schwerer Lebensgang bevor. Ich wollte für mein Kind sorgen und den Weg zu seinem Glücke bauen, aber ich tat es ohne Gott. Ich stellte ihm mein Tun und Wollen nicht anheim, und als ich dessen Vereitelung voraussah. vermaß ich mich, meine Tochter sogar zu verflu- chen, wenn sie meinen Willen nicht befolgte. Das war eine Sünde, die ich bereue, die aber mein Ende beschleunigt. — Gott wird es die Anna nochmal erkennen lassen, wie gut ich es mit ihr gemeint habe. Jetzt will ich mich bemühen, stille zu sein. Aber es ist schwer, die schönsten Hoffnungen zu Gra- be tragen zu müssen. Wie hätte ich doch so gern eine Bindung der beiden Familien Lichtberg und Fredenburg gesehen, aber jetzt ist alles hin!" Der Bauer schwieg erschöpft. Seine Brust arbeitete mächtig, aber nach und nach wurde er stiller. der Kaplan verweilte die ganze Nach an seinem Bette. Als der Morgen herannahte, ging plötz- lich eine merkwürdige Verän- derung mit dem Alten vor. Er suchte mit den Händen, als ob er etwas verloren habe. Seine Gesichtszüge nahmen einen strengen Ausdruck an; als ihm aber der Kaplan seine Hand reichte, hielt er sie fest und ver- fiel anscheinend wieder in ein dumpfes Hinbrüten. Auf Fredenburg hatte man sich inzwischen zum Handeln entschlossen. Der Herr des Hauses sah ein, daß durch Wor- te die Angelegenheit nur ver- schlimmert und für beide teile peinlicher wurde. Er riet des- halb zur sofortigen Rückreise Annas in die Heimat, zumal er durch einen reitenden Boten wußte, daß Hamm bis zum Abend seine Tore zur Durch- fahrt unverdächtiger Fuhrwer- ke geöffnet halte. Anna war da- mit einverstanden und bestieg, nachdem sie sich wieder kräftig genug fühlte, ihren diesmal von Gottjohann geleiteten Wagen, der inzwischen allen Schmuckes beraubt war. Der Abschied von der alten Frau war herzlich; der Fredenburger selbst reichte ihr nur seine Rechte und sprach ein einfaches „Lebe wohl!" Wil- libald war überhaupt nicht er- schienen. Er überließ es seinen Eltern, Anna vom Hofe zu gelei- ten. Die Tante Annas sagte nichts. Ihr schwindelte, wenn sie an den bevorstehenden Empfang dachte, der ihrer zu Hause wartete. Die beiden Großmägde dagegen waren durch Gottjohann in die Ver- hältnisse eingeweiht. Sie raun- ten sich einander allerlei zu, machten sehr ernste Gesichter und glaubten trotz des winterli- chen, kalten Wetters und des noch immer anhaltenden Ost- windes Sommerschwüle zu empfinden. Der Fredenburger hatte dem Zuge zwei berittene und bewaffnete Knechte beige- geben, die ihn vor etwaigen Überfällen schützen und bis Hamm begleiten sollten. Die Fahrt ging aber ungestört vor sich. Die Knechte kehrten nach Empfang eines reichlichen Trinkgeldes vor den Toren der Festung um, und Gottjohann strebte, um jedes unnötige Auf- sehen zu vermeiden, durch Ne- benstraßen dem Ostentore zu. Anna atmete auf, als sie die Stadt hinter sich wußte, aber ihr Herz war bedrückt und von ge- mischten Gefühlen erfüllt. Froh in dem Bewußtsein ihrer wie- dergewonenen Freiheit dachte sie dich mit brennendem Schmerze an ihren alten Vater. Sein kummervolles Gesicht, seine dünnen, grauen Haare und seine gebeugte Gestalt schwebten ihr vor Augen, und sie hätte Tränenströme vergie- ßen mögen. Wie gerne würde sie den Vater glücklich gesehen und seine Wünsche erfüllt ha- ben! Aber es war doch nun alles so wunderbar gekommen, um je mehr sie sich dem Elternhau- se näherte, desto ruhiger wurde es in ihrem Innern. Im Hoftore angekommen, fiel es ihr auf, von Ursula empfan- gen zu werden. Etwas Schreck- liches ahnend, sprang sie vom Wagen und fiel der Freundin um den Hals. „Wie geht's mei- nem Vater!" rief sie, „was ist ihm zugestoßen? Ich sehe es dir an, daß es ihm nicht wohl ist!" Ur- sula drückte ihren Schützling an sich und sagte: „Dein lieber Vater ist allen Leiden entrückt. Vor etwa einer Stunde ist er heimgegangen und weilt jetzt in dem Land der Seligen, in das wir ihm alle einmal folgen wer- den." Anna starrte ih re Vertrau- te an. Dann brach der versiegt erschienene Tränenquell los. Sie entriß sich Ursulas Armen, stürzte in das Schlafzimmer ih- res Vaters, warf sich über die kaum erstarrte Leiche und rief ein über das andere Mal: „Vater, bin ich schuld an deinem Tode, oh, dann vergib mil's!" „Das bist du nicht," ertönte jetzt eine Stimme hinter ihr. Es war die des treuen Kaplans. Anna wandte sich um und sah, indem sie sich erhob, zu dem Freunde auf. Er faßte ihre beiden Hände und sprach tröstend.,,„Du bist schuldlos. Dein Vater war schon lange leidend. Die Aufre- gungen der letzten Zeit mögen seinen Tod wohl beschleunigt haben, aber die Ursache sind sie nicht gewesen. Fasse dich in Geduld! Deinen Schmerz muß die Zeit ausheilen. Wenn du den Vater hättest sterben sehen, würdest du ruhig sein. Als er fühlte, daß es mit ihm zu Ende ging, zeigte er Verlangen nach den Sterbesakramenten. Ich habe sie ihm erteilt, und nach dem Empfange ist kein Wort der Klage mehr über seine Lippen gekommen. Der sonst so starke Mann eilte wie ein schwaches Kinde dem Vaterhause entge- gen.” (Fortsetzung folgt) 1982 Westfälische Freilichtspiele Waldbühne Heessen e.V. in Hamm Die lustigen Weiber von Windsor Komödie b. W. Shakespeare Premiere: Pfingstmontag, 31.5., 16 Uhr Weitere Aufführungen: 2.6., 13.6., 23.6. 16 Uhr 20 Uhr 26.6. ,Hänsel und Gretel" Märchenspiel v. G. A. Weth Premiere: 4.6., 10 Uhr Weitere Aufführungen: 12.6., 17.6. 25. 6. ausverkauft — 10 Uhr Pinoccio musik. Kinderstück v. A. Smoschkoff Premiere: 10.6., 16 Uhr Weitere Aufführungen: 16 Uhr 20.6., 27.6. 30.6. ausverkauft 16 Uhr Auskunft und Vorbestellung: Geschäftsstelle der Waldbühne Heessen, Postfach 5362, 4700 Hamm 5— Heessen, Ruf: 02381 / 32379 Vorverkauf: Verkehrsverein am Bahnhof, Tel. 0 23 81/2 34 00 NUR-Reisebüro HansAdler, Südstr. 22-24 Ruf: 02381 /1575 16 Uhr 10