Impfschein aus dem Jahre 1842 - „Wer weiß, ob durch die Schutzblattern das Pockengift aus dem Körper gebracht wird und ob also nicht der Stoff zu anderen Krankheiten zurückbleibt?“ – Aber Eylert teilt mir, dass „die einstimmigen Zeugnisse der erfahrensten Ärzte“ bestätigen, dass dem nicht so ist. Unmittelbares, sondern durch Mittel, vom Essen bis zur Religion. Menschen müssen von den Mitteln vernünftigen Gebrauch machen. Damit greift man Gott nicht vor. „Greift man Gott vor, wenn man zum Emp- fang seines Segens den Acker bestellt?“ Ähnlich müsse man auch das Impfen sehen. - „Wer weiß, ob die Kinder nicht späterhin doch nicht an einer anderen Krankheit sterben?“ - Aber Eylert argumentiert: Man soll Menschen so lange am Leben erhalten, wie man kann. Dankbarkeit und Liebe Außerdem liefert Eylert drei Gründe, ihre Kinder mit den sogenannten Schutzblattern impfen zu lassen: - „Ich will mein Kind, das gesund ist, nicht vorsätzlich [durch die Impfung] krank machen.“ - Eylert entgegnet: Impfung ver- ursacht keine wirkliche Krankheit. – Schon zuvor hatte Eylert darauf hingewiesen, dass der Hammer Medizinalrat Dr. Pröpsting dies durch eigene Versuche bestätigt habe, auch Eylert selber kenne einen Fall, der die Wirksamkeit der „Schutzblattern“ (Imp- fung) bewiesen habe. - „Man darf Gott nicht vorgreifen.“ Er al- lein bestimme die Länge des Lebens. - Eylert wendet ein: Gott gibt uns nichts - Dankbarkeit gegenüber Gott kommt beim Nachdenken über das Thema auf: Die Menschen versagten beim Ausrotten der Blattern, sahen die Verbindung von Ur- sache und Wirkung nicht. Aber durch die Göttliche Vorsehung erhalten die Menschen vom Tier (Kuh) die Milch und jetzt die Schutzblattern. Daran kann man die gött- liche Hand erkennen. Gerade im gegen- wärtigen Zeitalter des Krieges wird ein solches Heilmittel gefunden. Dass jetzt Kinder vor Leid bewahrt bleiben, dafür schulden wir Gott Dank – und sind es schul- dig, vom Rettungsmittel gewissenhaft Ge- brauch zu machen. - Das gebietet uns auch die Liebe zu den Kindern. Sie soll keine (rein) sinnliche, son- dern eine „durch Religion geheiligte, von Vernunft , Ernst und Erfahrung geleitete, durch christliche Grundsätze befestigte“ sein. - „Auch die Liebe, die wir nach den Ge- setzen der Religion und der Natur unseren Nebenmenschen schuldig sind, macht es uns zur dringenden Pflicht, von dieser Wohltat ohne Aufschub Gebrauch zu ma- chen.“ Wer sich der Impfung verweigert und die Krankheit dadurch an andere verbreitet, versündigt sich. Deswegen be- handeln einige Landesregierungen solche Leute als Verbrecher. Die preußische Regie- rung setzt aber auf Vernunft und guten Willen der Untertanen und ihr Handeln aus eigener Überzeugung. Eylert schließt seine Predigt mit der Mahnung: Wir sollten dafür sorgen, dass wir uns nicht später Vorwürfe machen müssen, nicht das Richtige für unsere Kinder getan zu haben. Man solle jetzt handeln, da der Impfstoff in der Stadt vor- handen sei. I 30