50 Jahr e Kr iegsende anderen austauschen konnte. Soweit nur einige, noch wenig systematische „Ergebnisse" - besser Eindrücke - der Klassen- fahrt nach Auschwitz und Krakau. Unsere Absicht war, wie beschrie- ben, nicht wie möglicherweise die eines „Geschichte-Leistungs- kurses", nicht primär bezogen auf die Vermittlung von Informationen über den Holocaust. Uns ging es vielmehr darum zu prüfen, ob die Begegnung mit der Geschichte dazu in der Lage ist, Reflexions- prozesse über durchaus aktuelle Probleme auszulösen, ohne da- bei das Leiden der in Auschwitz gequälten Menschen zu instru- mentalisieren. Ohne ein abschlie- ßendes Urteil darüber zu fällen, ob uns dies gelungen ist, deutet derzeit vieles darauf hin, daß Klassenfahrten wie die unsere dies leisten können, wenn sie ent- sprechend offen strukturiert sind und den Schülerinnen selbstbe- stimmte Erfahrungsmöglichkei- ten eröffnen statt ein Lern-Pflicht- programm zu absolvieren. Ge- denkstätten sind nicht nur „Denk- Stätten" sondern zugleich „Ge- fühls-Stätten", da die Schülerin- nen „ihre" Bilder über die Greuel- taten an diesem Orte aktualisie- ren. Man muß dies Ernst nehmen und zulassen, zugleich aber eine Atmosphäre des Vertrauens schaffen, die es erlaubt, die Ge- fühle auf unterschiedlichste Arten und Weisen aufzufangen. Ge- fühle zulassen heißt aber nicht bei ihnen stehenzubleiben. Vielmehr kann gerade die zi immense emotionale Besetzung zu einem Schlüssel für die rationale Ausei- nandersetzung unter der Per- spektive derzeit anstehender Pro- bleme sein. Eine Schülerin im Fahrtentagebuch: „Ich bin mit ei- ner geteilten Meinung hierhin ge- fahren. Ich wußte nicht, ob ich das KZ mal sehen möchte oder nicht. Jetzt weiß ich, daß ich die richtige Entscheidung getroffen habe, daß ich mitgefahren bin. ich habe bei dieser Fahrt viel ge- lernt. Vor allem Menschen, die dieses KZ !anger als 24 Stunden überlebt haben, ziehe ich den Hut. Ich als ein verwöhntes Mäd- chen hätte nicht lange überlebt. Das KZ hat mich sehr nachdenk- lich gemacht. Ich habe daraus gelernt, es nicht mehr zuzulas- sen, das es noch einmal pas- siert." Damit ist ein Anknüpfung- spunkt geschaffen, den es in der Folge produktiv zu nutzen gilt. Ein Besuch in Auschwitz macht wohl kaum jemanden zum Antifaschi- sten, aber er kann unter Umstän- den produktive Lernprozesse ini- tiieren. Aus dieser Perspektive wäre eine von einer anderen Schülerin im Fahrtenbuch Forde- rung durchaus angemessen: „Ei- gentlich sollte jeder mal nach Auschwitz fahren!" Michael Galuske, Institut für Sozialpädagogik, Universität Dortmund Angela Hövelmann, Elisabeth-LCiders-Schule, Hamm „Kapitulation-Befreiung-Neubeginn" Veranstaltungen Freitag, 7. April, 19.00 Uhr, St. Agnes Kirche Ökumenischer Gottesdienst an- läßlich der Befreiung der Stadt Hamm 1. - 10. Mai Versöhnung durch Begegnung Treffen in Israel, V: AG Hammer Frauenverbände Samstag, 6. Mai 14.00 Uhr Ökum. Gottesdienst Herz-Jesu-Kirche 15.00 Uhr Kranzniederlegung Ostenallee am Ehrendenkmal 16.00 Uhr Benefizkonzert zugun- sten kriegsgeschädigter Kinder, Kurhaus, \/ VKD Samstag, 6. Mai Exkursion zum Haus der Ge- schichte; Bonn Wechselausstellung russische und deutsche Kriegsgefangenen V: VHS 8. Mai, 9.00. 12.00 Uhr Projekttag/Haus der offenen Tür: „Wir haben den Krieg verloren und wollen ihn nicht wiederfin- den" - Versuch einer Annäherung an den 8. Mai 1945: Dokumenta- tion - Diskussion - Besinnung Märkisches Gymnasium Montag, 8. Mai, 19.00 Uhr, Pauluskirche Eröffnungsveranstaltung War - Requiem V: Stadt Hamm Montag, 8. Mai, 19.30 Uhr, Stadtbücherei Lesung Gudrun Pausewang Vorstellung ihres Romans „Reise im August", VHS Montag, 8. Mai bis Samstag, 13. Mai, Paussenhalle, Elisabeth-Lliders-Schule Gedenkstättenpädagogik; Dokumentation einer Studien- fahrt nach Krakau und Auschwitz Frau Hövelmann, Telefon 17-5420 in Verbindung mit dem Institut für Sozial- pädagogik Uni Dortmund u. a. 5 Bildtafeln erläutern das hier Geschehene hatten. Angesichts der regen Teil- nahme an fast allen Angeboten muß dies scheinbar gelungen sein. Foto: privat nem Bett schlafen mußten, etc. Wieder andere „distanzierten" sich auf ihre Weise von dem Grauen, indem sie z.B. Witze machten oder sich betont „cool" gaben. Diese unterschiedlichen Arten des Umgangs führten zu- nächst zu - zum Teil heftigen - Aus- einandersetzungen: „Wie kannst du Witze machen, wo hier Men- schen gelitten haben?" Thema war also weniger Auschwitz, als vielmehr das, was Auschwitz mit seinen Besuchern „macht", wie sie auf Auschwitz reagieren. Im Verlauf der Gespräche, die be- wußt nicht in Form von Kleingrup- pen durchgeführt wurden, setzte sich bei den Schülerinnen mehr und mehr die Erkenntnis durch, daß es eben unterschiedliche Re- aktionsformen gibt und daß sie alle legitim sind, solange sie den andern nicht verletzten. Die Be- gegnung mit Auschwitz war hier Auslöser für einen durchaus ak- tuellen Lernprozesses. - Keiner reagiert auf Auschwitz gleich - wenn ihm Platz, Raum und Gelegenheit zur Reaktion ge- lassen wird. Während die einen die Führung durch das Stammla- ger, das durch die Dokumenta- tion der Verbrechen und die Sammlung von Artefakten der Er- mordeten (Menschenhaare, Kof- fer, Schuhe, Kinderspielzeug usw.) „Museumscharakter" hat, besonders beeindruckend fan- den, was für andere die - glückli- cherweise nur scheinbare - Au- thentizität der Weite und Größe des Vernichtungslagers Au- schwitz Birkenau das „bleibende Erlebnis". Selbst im kleinen las- sen sich die Unterschiede ver- deutlichen: für den einen war es die Vitrine mit dem Kinderspiel- zeug, für den anderen die Berge von Menschenhaaren, für wieder andere die Wiese mit den Teichen voll Menschenasche in Birkenau. Egal welcher Ort es war, egal warum es gerade dieser Ort war, fast jeder dürfte „seinen" Ort ge- funden haben, der ihn zum Fra- gen animierte. Wichtig war, daß man sich über „seinen" Ort mit Die vor, während und nach der Fahrt gesammelten Informatio- nen, Meinungen, Deutungen der Teilnehmer/innen werden syste- matisch ausgewertet und dann zu einem späteren Zeitpunkt als Do- kumentation veröffentlicht. Die folgenden Anmerkungen zum „Erfolg" der Fahrt beruhen des- halb auf ersten Einschätzungen und Gesprächen zwischen den Teilnehmern während und nach der Fahrt. Drei Punkte erscheinen besonders hervorhebenswert: - Vor der Fahrt hatten viele Teil- nehmerinnen Befürchtungen un- terschiedlichster Art. Einige hat- ten Angst davor, von dem Ort Au- schwitz zu sehr betroffen zu wer- den, andere hingegen hatten Angst, daß wir eine Art „Wallfahrt" mit entsprechend ernstem Cha- rakter durchführen würden. Es mag ein Grund für die einhellig positive Bewertung der Fahrt sein, daß die Befürchtungen sich in den meisten Fallen nicht be- wahrheiteten. Natürlich waren ei- nige Schülerinnen von ihren Be- suchen in den Lägern betroffen - aber sie waren nicht alleine, wur- den in den Arm genommen, konnten mit anderen Reden etc. Natürlich ist Auschwitz ein ernster Ort, aber trotz allem haben wir Platz geschaffen für Feiern, Ge- spräche, Spiele usw. Erfahrungen sammeln, Gespräche führen und Feiern muß, besser darf sich - selbst an einem Ort wie Au- schwitz - nicht ausschließen. - Gerade nach dem ersten Be- such im Stammlager Auschwitz, waren, trotz der z.T. übermächti- gen Eindrücke, weniger die histo- rischen Vorgänge „Thema", son- dern vielmehr die unterschiedli- chen Formen des Umgangs mit diesen Erfahrungen. Während ei- nige Schülerinnen betroffen rea- gierten, Nähe und Schutz such- ten, waren andere eher an Infor- mationen interessiert, fragten nach, wieviele Menschen in ei-