Seit dem 23. Januar ist unter der Telefon-Nr. 1 11 01 zu jeder Tageszeit — rund um die Uhr — ein Mitarbeiter der Telefon- seelsorge zu erreichen. Die Te- lefonseelsorge (TS) ist somit die einzige soziale Institution in Hamm, die Tag und Nacht, auch am Wochenende „an- sprechbar" ist. Das Angebot der TS ,Mitein- ander sprechen' wendet sich an alle Menschen, die einsam sind, sich isoliert oder überfor- dert fühlen und aus anderen Gründen in Konflikte und Not geraten sind. Unter Achtung seiner Anonymität soll dem Anrufer ermöglicht werden, sich auszusprechen, seine Si- tuation zu klären und eventuel- le Entscheidungen zu treffen. Häufig wünscht sich ein Anru- fer von dem Mitarbeiter der Te- lefonseelsorge die Lösung des Problems oder wenigstens ei- nen passenden Rat. Dabei ist es dann enttäuschend für den Anrufer, wenn der Mitarbeiter den Schlüssel zum Problem auch nicht hat. Jede Situation ist anders und so kann jeder auch nur selbst den Schlüssel für sein Problem finden. Bei der Klärung und der Suche nach einer Lösung kann der TS-Mitarbeiter seine Hilfe an- bieten. Häufig ist es schon eine Hilfe für den Anrufer, einem ande- ren das erzählen zu können, was ihn bedrückt. Dabei ist es wichtig, daß der Ratsuchende erlebt, daß sein Gesprächs- partner ihn zu verstehen und zu akzeptieren versucht, ganz gleich was er für ein Problem hat. Durch ein Aussprechen der Schwierigkeiten kann manchmal schon etwas klarer werden. Häufig zeigt sich im Ge- spräch, daß eine Fachbera- tung — z.B. durch einen Medi- ziner, Juristen, Eheberater, Er- ziehungsberater, Pfarrer usw. — notwendig ist. Der TS- Mitarbeiter versucht dem An- rufer einen entsprechenden Fachmann oder eine entspre- chende Institution zu vermit- teln. Es gibt aber auch Situa- tionen, in denen der TS- Mitarbeiter nur die ausweglose Situation des Anrufers mit aus- halten kann, da objektiv nichts zu ändern ist. Da lautet das An- gebot ,Dasein', dem Anderen in seiner Not nahe sein. Begründet wurde die Institu- tion ,Telefonseelsorge' 1953 in London von Chad Varah, ei- Das Portrait: Telefon- seelsorge Tag und Nacht zu sprechen Tel. 111 01 nem Pfarrer, der in seiner all- täglichen Praxis erlebte, wie hilfreich es für Menschen sein kann, sich telefonisch anonym mit jemandem auszusprechen. Aus dieser Ein-Mann-Initiative wurde innerhalb weniger Jah- re ein weltweites System von TS-Stellen. Allein in der Bun- desrepublik arbeiten über 60 Telefonseelsorgestel len. In Hamm begann 1975 eine Initiativgruppe — paritätisch besetzt von Mitgliedern der evangelischen und katholi- schen Kirche — mit der Vorbe- reitung für den Aufbau einer Telefonseelsorge in Hamm. Ende 1978 beschlossen die evangelische und katholische Kirche eine gemeinsame Trä- gerschaft. Aus dem seelsorglich diako- nischen Auftrag heraus wollen beide Kirchen Sorge tragen, daß Ratsuchende in Hamm und Umgebung Tag und Nacht die Möglichkeit haben, einen befähigten und verschwiege- chengemeinden, je 7 Prozent sind Lehrer bzw. Kranken- schwester, 2 Prozent sind Facharbeiter, 3 Prozent sind Rentner und 7 Prozent sind verschiedener Studenten Fachrichtungen. Sie sind un- entgeltlich in ihrer Freizeit be- reit, -anderen Gesprächspart- ner zu sein. Oberstes Gebot für sie ist die absolute Verschwie- genheit nach außen über alles, was sie in der Telefonseelsor- ge gehört haben. Anonymität und Verschwiegenheit sind das ,Betriebskapital' der Tele- fonseelsorge. Um die Aufgabe verantwortlich ausführen zu können, nehmen alle Mitarbei- ter nach der Grundausbildung fortlaufend an Weiterbildungs- veranstaltungen teil. Seit Februar 1980 sind 20 neue ehrenamtliche Mitarbei- ter in der Ausbildung. Da im- mer wieder neue Mitarbeiter aus den verschiedensten Gründen ihre ehrenamtliche Mitarbeit in der Telefonseel- sorge aufgeben, werden stän- dig neue Mitarbeiter fü r die Ar- beit gesucht. Einmal im Jahr wird eine oder mehrere Ausbil- dungsgruppen gebildet. Inter- essenten können sich an die Telefonseelsorge wenden und bekommen entsprechende In- formationspapiere und Anmel- deformulare zugesandt. Ihren Auftrag sehen die eh- renamtlichen Mitarbeiter vor allem in ihrer Gesprächsbe- reitschaft für alle Anliegen des Anrufers. Sie versuchen, den anderen ohne Vorurteile und mit Offenheit anzunehmen und mit ihm ein kleines Stück Weg gemeinsam zu gehen. Heinz Briefs nen Gesprächspartner zu fin- den, der sie in ihrer jeweiligen Situation ernstnimmt, ihnen im Krisenfall beisteht und ihre An- onymität achtet. Beide Träger haben die Ver- antwortung für die Telefon- seelsorge einem Kuratorium übertragen, das paritätisch mit katholischen und evangeli- schen Mitgliedern besetzt ist. Zur Zeit ist Pfarrer Gunter Ap- sel Vorsitzender des Kurato- riums, sein Stellvertreter Al- fred Schneider vom Caritas- verband. Die Verwaltung der Telefonseelsorge liegt beim Kreiskirchenamt Hamm. Seit dem 1. Januar 1979 sind für die Telefonseelsorge Hamm als Leiter Heinz Briefs (Lic.Theol., Dipl.Psych.) und Eva Ellinghaus (Dipl.-Psych.) angestellt. Heinz Briefs (29) hat in Inns- bruck und Munster katholi- sche Theologie studiert und war seit 1972 als ehrenamtli- cher Mitarbeiter in der Tele- fonseelsorge Munster tätig. Diese Arbeit hat ihn mit dazu bewogen, ein Psychologie-Studium zu ab- solvieren. Seit 1976 hat er bei der Vorbereitung der Telefon- seelsorge Hamm mitgearbei- tet. noch Eva Ellinghaus (34) hat in Munster Psychologie studiert. Seit 1972 war auch sie in der Telefonseelsorge Munster eh- renamtlich tätig, wo sie neben dem Dienst am Telefon auch künftige Mitarbeiter ausgebil- det hat. Nach ihrem Studium hat Frau Ellinghaus hauptamt- lich in einem Kinderheim und dann in der Beratungsstelle der Inneren Mission in Schwerte gearbeitet. Im Februar 1979 wurde Lie- selotte Britt als Sekretärin ein- gestellt. Anfang 1979 begannen die Hauptamtlichen mit 62 Mitar- beitern die Ausbildung in „klientenzentrierter Ge- sprächsführung". Die Ausbil- dung abgeschlossen haben zyxwvutsrqponmlkjihgfedcbaZYXWVUTSRQPONMLKJIHGFEDCBA 144 Frauen und 11 Männer. Die beiden jüngsten Mitarbeiterin- nen sind 24 Jahre, die älteste 66 Jahre alt, das Durch- schnittsalter liegt bei 40 Jah- ren. Etwa 27 Prozent der Mitar- beiter sind Hausfrauen, die an- deren kommen aus sozialen Berufen (20 Prozent), aus der Verwaltung oder kaufmänni- schen Bereichen (15 Prozent), 12 Prozent der ehrenamtlichen Mitarbeiter arbeiten in Kir- 11