f Moderner, als wir denken Drei Gymnasialprofessor trat für Arbeiterbildung ein Hammer Autoren Studienräte aus Urgroßvä- tertagen, dazumal noch „Pro- fessoren" genannt, stellt man sich zumeist mit Rauschebär- ten vor, zumindest aber einem schwungvoll gezwirbelten Schnurrbart. Wo immer die No- stalgiewelle alte Schulbilder emporträgt, bestätigt sich die- se Annahme. So sahen sie in der Tat aus. Einer dieser Herren, man- chen Senioren noch als ihr ei- gener Mentor erinnerlich, war der Hammer Gymnasialprofes- sor Dr. Hermann Eickhoff (1853-1934). Köstliche Hi- störchen berichten von seinem temperamentvollen Unter- richtsstil. So gut wie unbekannt ist dagegen sein soziales Enga- gement, das alles andere als „altväterisch" anmutet. Vor vie- len Jahren hat Wilhelm Rüber darüber berichtet. Er stieß auf Eickhoffs Namen in Unterlagen zur Frühgeschichte der Ham- mer Gewerkschaften. Auch in Hamm war um die Jahrhun- dertwende die Lage der Arbei- terschaft reformbedürftig. Ge- ringer Lohn, überzogene Wo- keinerlei chenarbeitszeiten, bezahlter Urlaub, — das waren Lebensbedingungen, die uns heute wie „finsteres Mittelalter" anmuten. I m Staatsverband be- stimmte das Dreiklassenwahl- recht Einfluß und Mitsprache- recht; es verdrängte die Arbei- terschaft in eine Position, die ihr jedes Mitgestaltungsrecht verwehrte. „In dieserZeit gelingt der h ie- siegen Metallarbeiterschaft die Organisierung in Zentral- Berufsverbänden. Hamms Me- tallarbeiterschaft war wach ge- worden und hatte erkannt, daß die Standwerdung nur ihr eige- nes Werk sein könne. Jahre- lang stand vor 1914 der unver- gessene Professor Dr. Eickhoff vom hiesigen Kgl. Gymnasium der aufstrebenden Hammer Metallarbeiterschaft helfend und bildend zur Seite. In den hiesigen Metallarbeiterverbän- den waren viele wertvolle Men- 22 schen, die sich ihrer Verant- wortung bewußt waren. Ihr Vorbild wirkte auf die gesamte hiesige Arbeiterschaft. Die ak- tivsten waren vor 1914 die Drahtzieher von den hiesigen Großwerken, die fü r ih re Sache warben und keine Mühe scheu- ten . . . Ihre Vertreter waren in den verschiedensten karitati- ven und sozialen Körperschaf- ten tätig. Fünf Metallarbeiter arbeiteten auf dem Gebiet der Trinker-, Kinderfürsorge und der Vormundschaftspflege Es wäre mehr als der Mühe wert, nach weiteren Unterlagen aus der Frühgeschichte der Gewerkschaften in Hamm zu forschen. Einige wenige An- haltspunkte gibt es bereits im Stadtarchiv, doch läßt sich daraus einstweilen noch kein Gesamtbild gewinnen. Wer in der Lage ist, weiteres Material nachzuweisen, sollte nicht ver- säumen, dies in absehbarer Zeit zu tun. v. Sch. Hamms „Not-Etat" und die europäische Verständigung stark 1930 sprach man in Hamm angesichts ge- schrumpfter Finanzkraft von einem „Not-Etat". Einsparun- gen sollten besonders auf kulturellem Gebiet erfolgen. Zu den beabsichtigten Maß- nahmen äußerte sich in einer Leserzuschrift vom 28. März Studienrat Dr. Schöhl, der nachmals im Dritten Reich zwangspensionierte Leiter des Städt. Oberlyzeums. Be- sonders befaßte ersich mitei- nem TeilaspektderSchulaus- gaben: „Seit etwa drei Jahren istei- ne gewisse Summe für Stu- dienreisen der Neuphilolo- gen ins Ausland in den Etat eingesetzt worden. Die Not- wendigkeit dieser Reisen er- gab sich daraus, daß Neuphi- lologen ab und zu einmal für ein paar Wochen ins Ausland kommen müssen, wenn sie auf der Höhe ihrer Aufgaben bleiben wollen, außerdem aus der Neugestaltung unse- res höheren Schulwesens, die dem neusprachlichen Un- terricht eine andere Aufgabe zuweist als früher. Um es kurz zu sagen, handeltessich heu- te nicht mehr allein um eine logisch-grammatisch einge- stellte Schulung, sondern um praktische Sprachbefähi- gung und lebendige Erfas- sung der fremden Kultur. Was das in einem Zeitalter bedeu- tet, in dem die Nationen Euro- pas sich zur gemeinsamen Rettung verständigen müs- sen, wird jeder Einsichtige verstehen. Streicht man nun den Etatsposten für diese Auslandsreisen, so ist es sehr fraglich, ob man ihn in den nächsten Jahren wieder er- stehen lassen wird, und das bisher Geleistete ist halbes Werk, die Umstellung des neusprachlichen Unterrichts wird gehemmt. Ich würdevor- schlagen, den Posten nicht zu streichen, sondern für das Notjahr herabzusetzen." Bereits 1927 hatte also die „Stadt der Schulen" eine weit- schauende Entscheidung getroffen. Wer für ein befrie- detes Europa argumentierte, hatte das Ohr der Öffentlich- keit, er konnte auf Verständ- nis und Unterstützung rech- nen. Manche verhängnisvolle Entwicklung wäreandersver- laufen, hätte nicht in den Jah- ren danach ein Diktator ohne Fremdsprachenkenntnis und Auslandserfahrung das Heft in die Hand bekommen. v. Sch. In kurzen Sammelhinweisen wird HAMMAGAZIN künftig auf die schriftstellerischen Ak- tivitäten von Hammer Autoren eingehen. Theodor Grunau: Strafvoll- zugsgesetz, mit Nachtrag zum Kontaksperregesetz. Ein Be- legstück dieser juristischen Fachliteratur, erschienen in Heymanns Taschenausgaben, ist im Stadtarchiv einzusehen. Herbert Zink: Wie die St.- Stephanus-Kirche in Heessen in den Besitz einer Zweitanfer- tigung ihresspätgotischen Kel- ches kam. Mit Abbildungen. Publiziert in der Zeitschrift „Westfalen" (55. Band 1977, Heft 1-2, Seiten 194 bis 204). Verfasser ist der frühere Ham- mer Museumsdirektor. Artikel hat strafrechtliche Hintergrün- Das Strafvollzugs- gesetz, von einem Fälscher und dem Wappenstein de, überaus geschickter Fäl- scher war am Werk. Paul Hülsmann: Wappen- stein am Schloß Heessen — 18seitiges, bisher ungedruck- tes Manuskript. Hochinter- essanter, anspruchsvoller Bei- trag mit ungewöhnlicher Deu- tung des ikonographischen und ornamentalen Befundes. Verfasser ist pensionierter Leh- rer mit Interesse und profun- den Kenntnissen für kirchliche Kunst, publizierte schon wie- derholt. Manuskript Ober- reichte er dem Stadtarchiv mit dem Gedanken an eine gele- gentliche Veröffentlichung in einer Archiv-Schriftenreihe und vor allem als Hinweis auf den desolaten Zustand des Wappensteins, der in den letz- ten Jahren zunehmend verfällt.