renden und parkenden Fahrzeu- gen hindurchschlängeln. Als die Weststraße so aussah, begannen die Überlegungen zu reifen, die Hauptstraße der City in eine Fuß- gängerzone zu verwandeln. Das geschah. Wo früher Autos fuhren, stehen jetzt im Sommer Tische und Stühle, wachsen Blu- men und Pflanzen, plätschert ein Brunnen. Könnte die Straße erzählen, siewürdevieleGeschichten preis- geben, die den Zuhörer bald in diese, bald in jene Zeit mitneh- men könnten. Sie möchte viel- leicht von jenen Soldaten des Generals von Wolfersdorff berich- ten, die über die Weststraße ge- schickt wurden, um bei den An- wohnern ein Exempel zu statu- ieren. Dem General mißfielen die Misthaufen, die damals die Acker- burger an der Hauptstraße just genauso aufschichteten, wie in den umliegenden Dörfern. Kur- zerhand gab er den Soldaten Order, den Mist in die Wohnstuben der braven Burger zu gabeln. Den Schritt von Soldatenkolon- nen hat die Weststraße vor allem in diesem Jahrhundert noch oft erleben müssen. So könnte Hamms Hauptstraße von jenem 1. August des Jahres 1914 be- richten, als die Begeisterung der Burger Ober die in den Krieg aus- rückende Armee keine Grenzen kannte. Über die Weststraße mar- schierten die feldgrauen Kolon- nen, auf den Bürgersteigen (Par- don, damals sagte man noch Trottoirs) winkten die Frauen und Mädchen. Sie verschenkten Blu- men und Sträußchen. Doch der festlichen Siegesstimmung folgte schnell der Alltag, der auch auf der Weststraße grau und traurig zu werden begann. Und noch einmal möchte die Weststraße von marschierenden Kolonnen erzählen. Diesmal wa- ren sie braun gekleidet. Aufmär- sche und Fackelzüge gab es in schier endloser Folge. Ein Re- gisseur schien das alles wie ein überdimensionales Ballett fern- zusteuern. Mancher ließ sich davon berauschen. Natürlich kann die Weststraße auch von anderen Dingen erzäh- len. Schließlich war sie nicht nur dazu da, schimmernde Wehr zur Schau zu stellen. Da gab es ei- gentlich zu al len Zeiten die Mäd- chen und die jungen Männer, die ihr Rendezvous auf der West- straße verabredet hatten. Trotz wechselnder Zeiten und trotz des sich wandelnden Gesichts ist das bis heute so geblieben. Da wurden Liebesschwüre geflüstert beim Eis oder der Sahnetorte. Selbst- verständlich wurde alles höchst diskret behandelt. Schließlich braucht nicht jeder alles zu wis- sen. Aber zu erfahren war auf der Hauptstraße auch so genug. Schlimm war, was erzählt wurde, als zum zweitenmal in diesem Jahrhundert der Krieg Europa Es ist die Ruhe und Beschaulichkeit von einst, die wieder auf der Weststraße eingekehrt ist, seit sie zur Fußgängerzone wurde. Eine Straße voller Leben zeigt dieses Bild. Die vielen Autos, die die Fußgänger auf die Bürgersteige verbannt haben, beweisen, wie not- wendig es war, die Weststraße zur Fußgängerzone zu machen. verbindet die lange Vergangen- heit dieser Straße mit den Gedan- ken, die in die Zukunft weisen. H. F. überzog. Am liebsten hätte man sich verkrochen. Aber das ging nicht. Die Bomben rissen Stuck für Stuck aus den Häuserzeilen, wühlten den Asphalt auf, zerstör- ten Wasserleitungen und Telefon- kabel. Es gab kaum Zeit zu einer Atempause. Feuer und Dynamit kamen vom Himmel. Als die Katastrophe vorüber war, dauerte es geraume Zeit, ehe die schlimmsten Narben zunächst notdürftig verheilten. Auch aus diesen Tagen, wo die Menschen wenig oder nichts hatten, könnten lange Geschichten erzählt wer- den, von Frauen und Männern, die Hand anlegten, um die zerstörte Stadt wieder aufzubauen. Und es war wirklich verwunderlich, wie schnell das ging, wie baldtie Weststraße sich wieder mit Leben Auch in Zukunft bedeutet für die Straße im Herzen der Stadt HammWandel. DieGeschäftewer- den sich verändern, ihre Fassa- den, ihr Angebot. Neue Men- schen kommen, alte werden eines Tages nicht mehr kommen. Die Stadtplaner haben noch vieles vor, um mehr aus der Weststraße zu machen. Unsere Gegenwart 15