HANMAGAZIN XXII. Fortsetzung Harlin mußte schwören, so- fort nach Holland zurückzukeh- ren und die deutsche Grenze nicht wieder zu überschrei- ten. So endigte die Geschichte von Harlins versuchter Über- rumpelung der Burg Mark. Sie bedeckte ein neues Ruhmes- blatt in Sigurds Lebensbuche, aber er selbst fühlte sich nicht befriedigt. In ihm war die Lust an Kriegen und Heldentaten, nachdem er sie so lange zu- rückgehalten hatte, durch den Erfolg von neuem erwacht. „Noch einmal möchte ich mit dem Grafen hinaus, ehe mich die Jahre beschleichen, in de- nen der Mensch beginnt, alt zu werden und die Lust am Leben zu verlieren," so tönte es immer in seinem Herzen. Vergebens erklangen Annas Liebesworte und die freundlichen, aber ern- sten Mahnungen des Kaplans. Als der Frühling kam und Graf Gerhard seiner Meinung nach zu dem letzten Schlage ausho- len wollte, der ihn in den Besitz der ganzen Grafschaft bringen mußte, stieg Sigurd mit ihm zu Pferde, Weib und Kind verges- send. Anna hatte noch immer ge- hofft, ihn von seinem Ent- schlusse abzubringen, aber al- les war umsonst. Der Würfel fiel, und die verlassene Frau sank schluchzend auf die Knie, erdrückt von dem Jammer einer anscheinend von Gott und Menschen verstoßenen Seele. So vergingen Frühling und Sommer. Sie scheute den An- blick der Menschen, und erst als der Winter mit seinen dunk- len Abenden herannahte, schlich sie sich wieder zur Burg, um Trost bei ihrer Ursula • Der treue Bote von Oftrvennemar. One erzarylung aus alten Tagen Der Burg Mark 6 gull Wilhom Vogel. 0 0 1=1 Oateribi). b.. Me. ma .10.• INC • zu finden. Den Lichtberg wagte sie nicht zu betreten. Denn im Torweg glaubte sie noch immer das vor Entsetzen entstellte Ge- sicht ihres Vaters zu finden, das ihr entgegenstarrte, als sie mit Sigurd vor ihm erschien. „Er hat mir geflucht", dachte sie, „und sein Fluch ist noch nicht geho- ben. Er hat es gut mit mir ge- meint, und ich habe es nicht eingesehen. Ich war eine Törin!" Aber dann fielen ihr die bei- den herzigen Kinder ein. Jung- sigurd, der Knabe mit ihren ZO- gen, und die dunkeläugige Ve- ronika. „0 Gott", dachte sie dann weiter, „ganz verstoßen hast du mich noch nicht", und eine Hoffnung leuchtete von ferne mit mattem Strahl in die dunkle Gegenwart. . Sie kam von jetzt an wieder häufiger zur Burg. Es wurde ihr ein Bedürfnis, mit Ursula und dem Kaplan von himmlischen Dingen zu reden. Auch beteilig- te sie sich oft an dem Unterrich- te, den Paulus ihren Kinder in der ihr so bekannten, lieben Weise erteilte. Wenn Veronika auch mehr ihrem Manne glich, so glaubte sie doch in den oft treffenden Antworten des Kin- des sich selbst wiederzuerken- nen. Sein Nachdenken machte sich deutlich bemerkbar, und seine Fragen waren oft so über- raschend, daß sowohl der Ka- plan als auch sie dabei in star- res Erstaunen gerieten. Nach einer solchen Unter- richtsstunde, in welcher der treue Seelsorger mit den Kin- dern über Gottes unendliche Liebe zu den Menschen geredet hatte, die so groß gewesen sei, daß er seinen Sohn für sie dahin gegeben habe, fragte ihn Anna einst, ob es denn so nötig gewe- sen wäre, daß unser Heiland Je- sus Christus zur Vergebung der Sünden und zur Versöhnung der Menschen mit Gott hätte in die Welt kommen müssen. Gott sei doch allmächtig und barm- herzig, und da wäre es doch viel einfacher gewesen, wenn Gott ohne große Umstände erklärt haben würde: „Allen Bußferti- gen sind die Sünden vergeben." „So habe ich es nämlich auch gemacht," setzte sie hinzu, „wenn mich jemand gereizt hat- te, sobald ich dann sah, daß es ihm leid tat, reichte ich ihm die Hand und sagte zu ihm: „Nun seid vergnügt, ich bin euch ja wieder gut!" und sofort war al- les verziehen und vergessen. „Gerade so mache ich es mit meinem Bruder", warf Veronika altklug dazwischen, und zeigte damit, daß sie alles verstanden hatte. Der Kaplan erwiderte, ohne auf Veronikas Worte zu achten: „Die Frage ist schon oft aufge- worfen und leicht zu beantwor- ten. Gott kann nämlich nicht ohne weiteres vergeben, das leidet seine Gerechtigkeit und Heiligkeit nicht. Diese beiden Eigenschaften verbieten ihm, die Sünde ohne entsprechende Sühne zu verzeihen, sie verlan- gen vielmehr, daß eine gewisse Genugtuung dafür geleistet wird. Und diese Genugtuung hat er sich selbst gegeben, in- - N TDI EN ST • Heizung • Elektro • Sanitär 2 8 0 8 5 RI NSCHE HAUST (11:1:11:1 14 EINRICHTUNGSHAUS HE BLITZ 4700 Hamm, Bahnhofstr. 14-16 Postfach 264 Tel. (02381) 21086/21087 MÖBEL ORIENTTEPPICHE TEPPICHE DEKORATIONEN KUNSTGEWERBE amic) „mum, Wße. dem er in Christus auf die Erde herniedergestiegen ist und die Strafe für die Sünden aller Men- schen an sich erduldet hat." „Das lautet recht begreiflich", nahm jetzt Anna, welche die Unterhaltung lebhaft interes- sierte, das Wort, „aber ich mei- ne, daß das, was einem Men- schen möglich ist, von dem all- mächtigen Gott doch sicher ausgeführt werden kann". „Du befindest dich auf falscher Fährte," entgegnete der Ka- plan. „Du bist nicht imstande, jede Sünde zu vergeben, die an- dere Menschen dir gegenüber getan haben." „Das wäre doch wunderbar," fiel Anna ein, ich kann doch vergeben, so viel und so oft ich will. Ich muß es nur wollen!" „Nein," wider- sprach der Kaplan, „das ver- magst du nicht, ich will es dir an einem Beispiele klar machen. Denke dir, du befändest dich mit deiner Veronika allein auf dem Heidehofe und ständest an einem der oberen Fenster des Wohnhauses, während Veroni- ka sich unten im Hofe beschäf- tigte. Da kommt plötzlich ein Räuber aus dem Dickicht des Waldes, bemächtigt sich Ver- onikas und ruft dir zu: „Wenn du mir nicht sofort hundert Gold- dukaten herunter wirfst, dann töte ich dein Kind." Du erwi- derst erschreckt. „Aber, lieber Mann, ich habe keinen einzigen Golddukaten, wieviel weniger hundert, laß doch das Kind los!" Er aber gibt nicht nach und ent- gegnet „Wird's bald, sonst geht's dem Kinde schlecht!" Und da siehst du, wie er schon ein Fingerchen des Kindes ab- schneidet. Und als du nicht fer- ner zögerst, dem Unholde Geld herabzuwerfen, fährt er in der Verstümmelung des Kindes fort, und zuletzt ersticht er es. Nun frage ich dich: Könntest du diesem Manne je vergeben?" Fortsetzung folgt Neu in Hamm Wohnwagen Vermietung für Selbstfahrer jr{fils5, Ostenallee 18 D-4700 Hamm Telefon 02381 /20971